Da stand ich erneut vor einer Klasse und sagte: „Ich glaube daran, dass jeder von euch ein Talent hat. Ich wünsche euch, dass ihr euer Potenzial entfaltet und damit die Welt bereichert.“ Ich schaute mehrheitlich in leere, fragende Gesichter. Unschlüssig, ob meine Worte sie erreichten, fuhr ich unbeirrt fort. Immer öfter erkannte ich das Strahlen in den Kinderaugen, das immer mehr zu leuchten begann. Und genau das berührte mich ganz tief.
Vor jeder Klasse meiner neuen Schule, durfte ich mich und die Begabungsförderung vergangene Woche vorstellen. Nun bin ich seit 11 Jahren Lehrerin und stelle das erste Mal die Frage des individuellen Potenzials in den Mittelpunkt. Es fühlt sich so wichtig und natürlich an. Wieso hat das so lange gedauert? Bisher war ich damit beschäftigt die Ziele des Lehrplans zu erreichen, die Lernschwierigkeiten der Kinder zu unterstützen und die Verhaltensauffälligkeiten zu bewältigen. Da bleibt am Ende nicht mehr viel übrig.
Viel zu wenig, um mich auf die Stärken zu konzentrieren. Viel zu wenig, um die Kinder zu loben. Viel zu wenig, um den Kindern den Horizont zu erweitern.
Wenn wir unseren Fokus auf die Stärken und das Potenzial legen, öffnen sich verschlossene Türen. Die Kinder fühlen sich gesehen und gehört. Ihr Talent wird auf einmal wertvoll. Folgt darauf eine Bestärkung oder Anerkennung unsererseits, traut sich das Kind die nächsten Schritte zu gehen. So spielte mir diese Woche eine Schülerin ein wunderschönes Lied vor, eine andere zeigte mir stolz ihre fantasievollen Zeichnungen und ein Junge erzählte von seinem Fussball-Profitraining.
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